Der Jahrgang 2020

Deutschland, Österreich, Italien & Portugal


Heitlinger und Burg Ravensburg
Baden, Deutschland

Wort des Jahres 2020: GEMEINSAM

Das Weinjahr 2020 stellte uns bisweilen in vielerlei Hinsicht auf den Prüfstand. Was wir aber keineswegs erwartet hatten war, wie gut wir die Situation durch einen gemeinschaftlichen Zusammenhalt gemeistert haben. Und wie reichlich wir darüber hinaus belohnt wurden.
Mit einem sehr frühen Austrieb am 20. März sind wir in den Jahrgang gestartet. Die Natur hat es gut gemeint, wir hatten einen warmen April und die Reben konnten bestens gedeihen. Auch wenn nicht alle Lagen vom Frühjahrs-Frost verschont blieben, konnten wir dem mit der Ausbringung von Baldrian sehr gut entgegenwirken.

 

Mit vielen helfenden Händen aus dem Weingut, der Gastronomie und der Unterstützung einiger Sommeliers, durch die Kampagne „Seite an Seite im Weinberg“ der Sommelier-Union, konnten wir unsere Weinberge in gewohntem Umfang bewirtschaften und pflegen. Ohne dieses Engagement hätten wir deutliche Qualitätseinbußen hinnehmen und dabei auch auf tolle Freundschaften verzichten müssen.

Wir hatten einen wunderbaren Sommer, so dass wir bereits am 31. August mit der Ernte beginnen konnten. Durch die anhaltend warmen Temperaturen wurde, um die kühlen Nachttemperaturen auszunutzen, bereits mit den ersten Sonnenstrahlen mit der Ernte begonnen. Der Jahrgang zeigt sich schon jetzt mit einer ungemein klaren, finessenreichen Aromatik. Weniger opulent, mit einer eher zarten, filigranen Struktur und zurückhaltenden Alkoholgraden. Dieses Ergebnis hätten wir uns nicht erträumen lassen.

Weingut Heitlinger

Der Startschuss 2020 war die Chardonnay-Lese für Sektgrundwein. Die frische und knackige Säure ist noch deutlich spürbar und essentiell für die Lebendigkeit des späteren Schaumweins. Ebenso die moderaten Zuckergehalte, um den Alkoholgehalt nach der zweiten Gärung harmonisch justieren zu können. Dem Chardonnay folgten golden schimmernde Auxerrois-Trauben aus der Großen Lage HASSAPFEL. Saftig, frisch und für noch mehr Tiefgang Einsatz der historischen Spindelpresse und Ausbau in zweitbelegten Tonneaux.

Der Pinot Gris für das GG SPIEGELBERG ist ein Traum! Säure, Süße und phenolische Reife sind in absolutem Gleichgewicht, dieselbe Balance findet sich im Pinot Blanc für unser GG EICHELBERG.
Das GG HEINBERG Chardonnay ist auch in diesem Jahr wieder ein absoluter Charakter-Typ. Tiefe Mineralität und ein enorm feines, eher diskretes Aromenspiel kennzeichnen seine Persönlichkeit und weisen bereits jetzt auf das große Entwicklungs-Potential hin. Um dies zu unterstreichen und um wertvolle Phenole zu gewinnen, kam auch hier die Willmes-Spindelpresse zum Einsatz.
Durch die exponierte Südwest-Ausrichtung der Großen Lage WORMSBERG wurden bereits in der zweiten Septemberwoche die ersten Pinot Noir Trauben geerntet. Die auch an der Côte d’Or übliche Dichtpflanzung mit 10. 000 Stock schenkte uns kleinbeerige und atemberaubend hoch aromatischen Pinot Noir. Die ganzen Trauben wurden in der Holz-Cuve vier Tage kaltmazeriert und danach spontan vergoren. Durch die „Pigeage“, das händische Unterstoßen, konnten der Oberarmumfang regelmäßig trainiert und die Ausprägung und Intensität des Weines gefördert werden. Frucht, Phenoleintrag, Frische und Säure sollen sich in ausbalanciertem Gleichgewicht gegenüberstehen. Im kommenden Frühjahr erfolgt dann erst der biologische Säureabbau, um den Weinen genug Zeit für ihre Entwicklung zu geben.
Die letzte Ernte in einer großen Lage galt dieses Jahr dem Riesling SCHELLENBRUNNEN, der im Herzstück „Museum“ noch am Einzelpfahl erzogen wird. Puristisch und straff wird er im Edelstahl ausgebaut, um die prononcierte Säure zu erhalten.

Weingut Burg Ravensburg

Absolut verrückt und bisweilen einmalig war der 9. September 2020, denn erstmals wurden die Trauben für die beiden GGs KAPELLENBERG Riesling und LÖCHLE Weißburgunder am selben Tag geerntet.
Der Riesling wurde zu 100 % als ganze, nur leicht angequetschte Trauben kaltmazeriert, nach der Standzeit schonend gepresst und im Halbstückfass vergoren. Beim Weißburgunder hingegen kam wieder die gute alte Spindelpresse zum Einsatz um mehr „Grip“ und Textur durch den Phenoleintrag zu erlangen.

 

Durch das ideale Wetter während der Blütezeit konnten wir gute Erträge in unserer Top-Lage HUSARENKAPPE erzielen. Diesen Weinberg hatten wir kaum entblättert, um die Trauben vor zu starkem Sonneneinfluss zu schützen und somit die pikante Säure zu erhalten.
Auch der Blaufränkisch in der historischen Lage DICKER FRANZ wurde zur Reife hin nur wenig entblättert, um eine optimale Phenolreife zu erzielen. Was optimal heißt, haben wir unmittelbar bei der Lese erfahren: aroma-intensive, ideal ausgereifte Trauben, konzentriert, ohne dabei opulent zu sein.
Während die Weine der ersten Generation teilweise die Gärung bereits durchlaufen haben, sind wir dankbar über die Trauben der frostbedingten zweiten Generation, welche erst am Anfang der Gärung stehen.


Sattlerhof
Südsteiermark, Österreich

Ein stiller Revolutionär
Anfang des Jahres setzten wir beim sanften Rebschnitt auf ein bewusst niedriges Ertragsniveau. Unbeeindruckt vom weltlichen Geschehen, verbrachten die heranwachsenden Trauben den Frühjahrs-Lockdown in einem harmonischen Mix aus Sonnenschein und Regentagen. Die Handarbeit in der Natur wurde durch üppiges Wachstum im Frühsommer zur anstrengenden Herausforderung.

Als der Herbst begann kam dann die Zitterpartie: Wir standen vor Bilderbuch-Weingärten, doch die Reife ließ auf sich warten und Mitte September kamen die typisch steirischen Herbstregen-Tage. Unsere Familie wartete den Regen ab und wir wurden mit kalten Nächten gesegnet.

 

 

Der Jahrgang präsentiert sich wie ein stiller Revolutionär tiefgründig und unaufgeregt und nach einmonatiger Spontangärung spürt man, dass die Weine nach Reifezeit im Keller verlangen.
Zurückblickend werden wir uns mit einem Lächeln im Gesicht darüber freuen, was wir aus diesem historischen Jahr abgewinnen konnten.


Prieler
Burgenland, Österreich

Erntebericht 2020 – ein Jahrgang wie früher: kühle Nächte, heiße Tage
Der Jahrgang 2020 brachte endlich wieder kühle Nächte und heiße Tage – ein Jahrgang, der das Fruchtspiel besonders betont. Den Anfang der Lese machte unser Gemischter Satz Kalkterrassen, den wir am 9. September, mitten im Altweibersommer, geerntet haben. Viele traumhaft schöne, warme­ Herbsttage haben die Reife der Beeren rasch vorangetrieben. Zusammen mit unserem 17-köpfigen Ernteteam konnten wir am ersten Oktober auch die letzten Blaufränkischtrauben noch gesund und reif ernten. Bereits jetzt zeugt der Jahrgang von außergewöhnlichem Fruchtspiel mit spannungsgeladenem Säurebogen. Wir sind gespannt, wie er sich weiterentwickelt!


Capezzana
Carmignano Toskana, Italien

»Wenig aber sehr gut«
Nach einem ziemlich milden und trockenen Winter kam Ende April, Anfang Mai der lang ersehnte Niederschlag. Es regnete über einen relativ langen Zeitraum verteilt, wodurch die Wasserreserven der Böden wieder aufgefüllt werden konnten. Die gut bearbeiteten Böden nahmen das gesamte

Wasser ohne Erosionseffekte auf, wir hätten es uns nicht besser wünschen können. Die Knospen zeigten sich früh, bereits Anfang April. Zum Glück hatten wir keinen Frost, der zu diesem frühen Zeitpunkt die gesamte Ernte zunichte machen kann.

Die Gründüngung in den Weinbergen konnte von diesem günstigen Wetterverlauf profitieren, Stickstoff und organische Substanz konnten aus der Luft fixiert und in den Boden eingebracht werden. Diese sind für unsere schweren Tonmergel- und Lehm-Böden sehr wichtig, da sie die feste Struktur des Bodens aufbrechen.
In 2021 werden wir die offenen Reihen umkehren, und die Begrünung in den anderen Reihen unterbringen, damit beugen wir der Bodenverdichtung vor, und die Reben profitieren von dem mehr an organischer Materie.
Die Gescheine zeigten sich bereits Ende April, im Mai hatten sie ihre optimale Ausdehnung erreicht, die Blüte begann für den Sangiovese zwischen dem 10. und 18. Mai. Der Sommer war auch geprägt von sehr heißen Tagen und viel Wind, im Wechsel mit kühlen Nächten, die die Reifung der Trauben begünstigten.
Im Juli und August regnete es nur sehr wenig. Ab dem 1. September fiel an wenigen Tagen der langersahnte Regen von über 40 mm. Er kam zum genau richtigen Zeitpunkt, da die Reben bereits unter der Trockenheit litten: Wir hätten es uns nicht besser wünschen können.
Damit war die Trauben-Reife mit einem Vorlauf von ca. zehn Tagen abgeschlossen und wir konnten mit der Ernte starten. Wie bei im Optimalfall üblich, zog sich die Ernte in die Länge, und so konnten wir die perfekte Reife aller Sorten erreichen.
Die Ernte 2020 begann mit unserem Chardonnay in den letzten zehn Augusttagen und endete mit dem Trebbiano in der ersten Oktoberwoche. Die ausgezeichnete Qualität, hatte aber in diesem Jahr ihren Preis. Im Vergleich zum Vorjahr haben wir einen Rückgang von etwa 25-30% zu verzeichnen.
In solch einem Jahr heißt es bei uns immer: “poco ma molto bono” – „wenig, aber sehr gut.“

Ricasoli
Chianti Classico Toskana, Italien

Kurz nach Ende der Traubenlese 2019, gegen Mitte Oktober, zeigte sich der Herbst regenreich und ziemlich kühl. Der Winter war mild und niederschlagsarm. Die Kälte kam erst spät, fast zu Beginn des Frühlings, mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt in der zweiten Märzhälfte, was in einigen Abschnitten den Verlust der ersten sich gerade öffnenden Knospen zur Folge hatte und den Pflanzenwuchs beeinträchtigte. Später im Frühling waren die Temperaturen durchschnittlich, bei geringer Niederschlagsmenge.

Pünktlich zur Sonnenwende kam der Sommer, bereits in der zweiten Junihälfte stiegen die Höchsttemperaturen auf über 30°C. Bezeichnend für den Sommer 2020 war die fast vollständige Niederschlagsfreiheit, insgesamt nicht mehr als 30mm. In dieser Zeit wurden keine besonderen Wachstumsschwierigkeiten der Pflanzen verzeichnet, dank einer sorgfältigen Bewirtschaftung der Weingärten und ihrer Böden.

Die Regenfälle Ende August (etwa 50 mm in zwei Tagen) milderten die sommerliche Hitze auch wenn die Temperaturen im September immer noch hoch über dem Jahreszeitendurchschnitt waren. Die deutlichen Schwankungen zwischen Tages- und Nachttemperatur unterstützten die Phenolreife der Trauben. Der Monat Oktober zeigte dich schließlich von seiner besten Seite: niedrige Nachttemperaturen, Regen- und Sonnentage wechselten sich ab, ein typisches Oktoberwetter das einen regulären Ernteverlauf und eine ausgezeichnete Traubenqualität ermöglichte.

Die Trauben für den Rosé wurden als erste gelesen, die hierfür bestimmten Merlottrauben wurden Enden August geerntet. In der ersten Septemberhälfte, genau am 7. September folgte die Lese des Chardonnay. Die Trauben waren gesund und vollkommen ausgereift. Gleich danach begann die Ernte der Merlottrauben für die Bereitung der Rotweine; sie dauerte bis zum 18. September. Perfekte Trauben, reif, die Schale reich an Polyphenolen. Der Cruwein Casalferro wurde vom 15. bis zum 18. September gelesen, unter skrupellhafter Berücksichtigung der Reifegrade der einzelnen Parzellen.

Danach war die Sangiovesetraube an der Reihe. Hier wurden zuerst die Lagen mit verzögerter Reifung für die Herstellung des Rosé geerntet.

Am 18. September begann die Lese der Sangiovesetraube. Unter Einhaltung der technologischen und der Polyphenolreifungskurve wurden auch die drei hauseigenen Cruweine geerntet. Traditionsgemäß wird Roncicone zuerst gelesen, dank der Typologie des Bodens und seiner Höhenlage erreicht diese Traube früher als die anderen ihre ideale Reife. Eine Woche später wurde der Colledilà auf seinen kalkhaltigen Böden geerntet und am Schluss CeniPrimo auf seiner steinzeitlichen Flussterrasse. Cabernet Sauvignon kam als letzte Traube in die Kellerei. Am 9. Oktober war die Traubenlese schließlich beendet.

Eine besondere Anmerkung verdient die Lese der kostbaren Malvasia- und Trebbianotrauben: Drei Tage benötigten die Erntearbeiter zur sorgfältigen Auslese der Trauben die sofort zum Eintrocknen aufgehängt wurden. Das wird mehr als drei Monate dauern und danach werden die Trauben langsam in Caratellifässern vermaischt und vergoren. Nach mehr als 6 Jahren wird daraus der Vinsanto von Brolio entstehen.


Anselmo Mendes
Vinho Verde, Portugal

2020 geht als warmes Jahr in die Geschichte ein, vor allem August und September sorgten für ausgezeichnete Bedingungen, die für sehr ausbalancierte Weine mit moderaten Alkoholwerten und einer guten Säurestruktur sorgten. Für Alvarinho und Loureiro wird 2020 ein herausragendes Jahr und verspricht sogar einer unserer besten Jahrgänge zu werden.

Die Avesso-Trauben aus dem Douro-Tal (innerhalb der Region Vinho Verde) profitierten von der Höhenlage – über 400 m!  Auch die Avesso-Weine zeigen sich wunderbar harmonisch und elegant. An 2020 werden wir aus den allseits bekannten Gründen keine guten Erinnerung haben, doch die Ernte 2020, eine der besten überhaupt hinsichtlich ihrer Qualität und Originalität, wird uns über alles hinwegtrösten.