Palacios Remondo
Ihre Majestät La Montesa
Dieser 100 Hektar große Weinberg ist das Herzstück von Palacios Remondo, Rioja. Es ist ein erhebendes Gefühl, vom Monte Yerga aus 600 Metern Höhe auf La Montesa hinunter zu blicken: Mit all seiner majestätischen Würde und Erhabenheit streckt sich der gepflegte, rund 100 Hektar große Weinberg den sanften Hügel weit nach Osten hinab. Im Hintergrund liegt Alfaro, die Heimatstadt jenes Mannes, der La Montesa zu einer der beeindruckendsten Weinlagen Spaniens gemacht hat: Alvaro Palacios.
Seine Familie betreibt hier im äußersten Osten der Rioja seit 150 Jahren Weinbau. Alvaro verbrachte seine prägenden Lehrjahre in Frankreich, doch statt danach auf das Familienweingut zurückzukehren, ging er eigene Wege und baute ab 1989 sein Weingut im Priorat auf. Erst nach dem Tod seines Vaters José Palacios Remondo, der wichtige Aufbauarbeit geleistet, aber sehr traditionell gearbeitet hatte, übernahm »der verlorene Sohn« 2000 auch das Familienweingut »Palacios Remondo« und begann mit dramatischen Änderungen.
Schlüssel zur Qualität.
Kaum ein Stein blieb auf dem anderen: Er stellte das Weingut auf biodynamische Landwirtschaft um, reduzierte die Erträge im Weingarten, erneuerte die technische Ausrüstung im Keller, führte die Rotweingärung in großen Holzbottichen ebenso ein wie das französische Barrique (225 l), trieb die Qualität kompromisslos nach oben, reduzierte die Anzahl der produzierten Labels auf die Hälfte. Vor allem mit dem enormen Qualitätspotenzial des vom Vater bepflanzten La Montesa-Weinbergs und dessen alten Tempranillo- und Garnacha-Weinstöcken hatte Alvaro einen, damals freilich noch ungeschliffenen Diamanten in der Hand, der es in Verbindung mit unerschöpflich scheinender Energie ermöglichen sollte, das Weingut binnen kurzem in die Elite der Rioja zu führen.
Bei all den Neuerungen gilt Alvaros Konzentration aber stets den Weingärten, die er von 18 Arbeitern rund ums Jahr penibel pflegen und bearbeiten lässt: »Der wichtigste Schlüssel zur Qualität ist die Bio-Diversität im Weingarten – vom Rebstock über die dazwischen wachsenden Kräuter bis zum Schmetterling. Die biologische Landwirtschaft bringt alle Aromen des Bodens und des Weingartens in den Wein.« So zeigt der La Montesa, das Aushängeschild des Weingutes, zugleich der »mediterranste Wein der Rioja« (Palacios), neben dunklen Fruchtnoten auch Kräuteraromen wie Thymian und Rosmarin. Verzaubernde Musik. »Man muss den Weingarten verstehen, um das Beste aus ihm zu machen«, sagt Palacios, wühlt mit den Händen im Boden und schwärmt von dessen geologischer Vielfalt und unglaublichem Potenzial: »Nur wenig organisches Material, Lehm, Kalk, Sedimente aus dem Quartär, Kieselsteine, Granit, vulkanische Anteile, ein wenig Basalt: Diese Komplexität gibt der Boden an die Weine weiter!«
Während sonst Tempranillo die Rioja-Rebe Nummer 1 ist, favorisiert Palacios hier ganz im Osten der Region, in der Rioja Baja, die Garnacha. Das vom Mittelmeer stark beeinflusste, heißere und trockenere Klima sei ideal für diese Rebsorte. Auch bei Neuanpflanzungen gibt er der Garnacha den Vorzug. Ihr gilt seine Leidenschaft und sein Herzblut. Palacios: »Sie ist die typische und authentische Rebe für unsere Region hier. Garnacha ist Natur und Geschichte, ist wie verzaubernde Musik.« Pathos erlaubt. Im La Montesa-Weinberg zwischen seinen geliebten Garnacha-Rebstöcken stehend, am Horizont die Pyrenäen, über ihm der blaue Himmel, sagt Palacios mit ausgebreiteten Armen: »Diese Weingärten haben ihre eigene Würde, die wir respektieren müssen. Sie gehören zum kulturellen Erbe Spaniens, wir haben die Verantwortung für sie und müssen sie an unsere Kinder weitergeben.« So viel Pathos darf sein, zumal es von einem selbstironischen Augenzwinkern begleitet ist.
©Fotos: Gerd Kressl